Schon 24h nach der feierlichen Einweihung des Bootes hat sich ein Mensch, nachts, mit einem edding auf der Reling verewigt. Leider anonym und kaum zu entziffern. Schade, denn wir hatten zu gemeinsamen öffentlichen Malaktionen aufgerufen. So wird das Boot, in dem wir alle sitzen dürfen, zum Spiegel der Gesellschaft.
Am 24. August kippten wir das Boot, um die linke Seite zu bemalen. Eine Gruppe junger Frauen aus der Erstaufnahmeeinrichtung in Friedberg malte eine riesige Welle, als führe das Boot durch ein Meer aus Regenbogen. Auch das Kinderlokal, der Umsonstladen vom IZB, Omas gegen Rechts und Rumi Kultur e.V. Bad Nauheim machten mit. Als Gastkünstler malte Erich E. Fechter die Wanderzeichen der vier Pilgerwege, die Friedberg streifen (Der Lutherweg führt über den Stadtkirchenplatz) ans Heck…






Schließlich trugen wir das Boot in einer bemerkenswerten Aktion zum einladenden und besser sichtbaren westlichen Ende des Platzes. Helfende Hände von Kunst-braucht-Raum, der Ordnungspolizei, dem Bauhof, und Menschen, die einfach zufällig und spontan mitmachten: Gemeinsam waren wir so stark, dass jeder nur seinen kleinen Finger brauchte…



Am 9. September kippten wir das Boot, um die rechte Seite zu bemalen. Das Wetter war miserabel, trotzdem beteiligten sich über 40 junge Menschen. Mit dabei waren die 13- und 14-jährigen Konfirmandinnen und Konfirmanden. In einem lebendigen Prozess mussten sie sich zunächst für einen Entwurf entscheiden, bevor sie ihr gemeinsames Motiv auf die Fläche brachten.
Ebenso beteiligte sich die Integrationsklasse der JPR-Schule sowie junge Teilnehmende der IB-Druckwerkstatt und Mitglieder des IZF. Als der Regen zu stark wurde, trugen wir alle gemeinsam das Boot unter den Bogen der Stadtkirche. Mit großer Begeisterung malten alle bis in die Dunkelheit hinein – Stück für Stück, Farbe für Farbe, Idee für Idee, einer spendet Licht mit seinem Handy.






Die Freude am Mitmachen und die Verbundenheit untereinander waren deutlich spürbar: Eine Schülerin der JPR-Schule brachte es auf den Punkt: Es habe ihr große Freude bereitet mitzuwirken, und sie fühle sich dadurch richtig angekommen – als Teil der Gemeinschaft und zugehörig.
Die entstandenen Motive sind nicht perfekt – und genau darin liegt ihre Stärke. Denn es geht nicht um Vollkommenheit, sondern um Teilhabe. Jede Hand, jeder Pinselstrich, jeder Beitrag war wichtig. So ist ein Werk entstanden, das deutlich macht: Jede und jeder kann etwas bewirken.
Das Boot bleibt offen für Veränderungen. Es darf wachsen, sich wandeln und weiterentwickeln. Damit zeigt es: Auch unsere Gesellschaft ist nie abgeschlossen, sondern immer in Bewegung. Für Bürgerinnen und Bürger sowie für alle Vorbeigehenden soll dieses Boot mehr sein als ein Kunstwerk. Es ist ein sichtbares Symbol für Hoffnung, Zusammenhalt und die Kraft des Miteinanders.